Freiherr Joseph von Hammer-Purgstall

Weidlinger Friedhof, Grab von Hammer-Purgstall

Vom Okzident in den Orient und zurück nach Klosterneuburg

Joseph von Hammer wurde am 09. Juni 1774 in Graz in die Familie eines geadelten kaiserlichen Beamten geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums brachte ihn sein Vater nach Wien, wo er die Kaiserlich-Königliche Akademie für orientalische Sprachen mit sehr gutem Erfolg absolvierte. Nach Abschluss der Akademie wurde Hammer 1799 nach Persien entsandt und arbeitete dort in der österreichischen Botschaft als Dolmetscher. Im Zusammenhang mit der Ägyptenexpedition Napoleons unternahm er eine Exkursion in die Levante (Syrien, Israel, Libanon, Jordanien und Ägypten) zu den dort gelegenen österreichischen Konsulaten. Mit dem Kommandanten der Royal Navy, William Sidney Smith und Hilfe der britischen Flotte gelangte er nach Ägypten und diente während des Feldzugs unter ihm als Dolmetscher, Sekretär und „österreichischer Reisender“. Er lernte das Land kennen, berichtete regelmäßig nach Wien und sammelte Handschriften und „Altertümer“, die man heute noch im Kunsthistorischen Museum und dem Johanneum in Graz finden kann.

Im Sommer 1802 kehrte er nach einem Umweg über England nach Wien zurück und wurde daraufhin auf Grund seiner Befähigung zum Sekretär des österreichischen Gesandten in Konstantinopel ernannt. In dieser Zeit beschäftigte und studierte er verschiedenste islamische Schriften und Autoren und veröffentlichte 1804 die enzyklopädische Übersicht der Wissenschaften des Orients. Aufgrund von Unstimmigkeiten mit dem Internuntius („Botschafter“) wurde ihm das Amt des österreichischen Geschäftsträgers vom damals osmanischen Donaufürstentum Moldau übertragen, er zog daraufhin in die Stadt Jassy im heutigen Rumänien. Aufgrund von Kriegsereignissen musste er seinen Posten bald wieder abtreten und zurückreisen. Nachdem er in Paris Handschriften, die die Franzosen während der napoleonischen Kriege aus Wien gestohlen hatten, zurückholte, kehrte er nach Wien zurück und wurde zum Hofdolmetscher der orientalischen Sprache und Rat in der Staatskanzlei. Im Jahr 1817 verlieh man ihm den Titel des Hofrats.

Privat war Hammer seit 1816 mit Caroline von Henikstein verheiratet, mit ihr hatte er fünf gemeinsame Kinder. Durch ihre adelige Abstammung erhielt er auch den Namenszusatz Purgstall. Mit seiner Frau wohnte er Zeit seines Lebens immer wieder in „seinem“ Weidling, das für ihn ein wichtiger Rückzugsort und ein Refugium wurde. Der heutige Weidlinger Kindergarten in der Janschkygasse 6., wurde der Orientalischen Akademie im Jahr 1767 von Maria-Theresia als Ferienheim geschenkt, hier wohnte er auch die meiste Zeit.
 
Er war hartnäckig, ein ausgezeichneter Organisator und beherrschte neben Türkisch, Persisch und Arabisch auch noch sieben weitere Sprachen. Er verfasste und sammelte Schriften, übersetzte eine Vielzahl wichtiger Werke ins Deutsche und umgekehrt Werke der westlichen Literatur ins Arabische, schuf die erste orientalische Zeitschrift der Welt („Fundgruben des Orients“) und war Mitglied in mehreren internationalen Akademien der Wissenschaften. Dies und sein Kampf gegen die Zensur veranlasste ihn auch zu der Gründung der Akademie der Wissenschaften in Wien, 1847 ernannte man ihn dann zum ersten Direktor eben dieser.

Hammer-Purgstall starb am 23. November 1856 in Folge eines jahrelangen Herzleidens.
Seine Frau und er sowie seine Tochter sind in einem Ehrengrab am Weidlinger Friedhof bestattet, das mit Inschriften aus verschiedenen Sprachen geschmückt ist und in türkischem Stil erbaut wurde. Er plante den Bau selbst beim frühen Tod seiner Frau. Joseph Hammer- Purgstall gilt seither als Begründer der wissenschaftlichen Osmanistik und als österreichischer Pionier der Orientalistik.

Dirk Stermann, Autor, Kabarettist und „Sommer-Kritzendorfer“, setzt ihm mit seinem 2019 erschienen Historienroman „Der Hammer“ (rowohlt Verlag) ein literarisches Denkmal.


23.01.2023

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