50 Jahre Städtepartnerschaft

Partnerschaftsbrunnen in Göppingen

Im Rahmen der Festsitzung des Gemeinderates am 16. November 1971 unterzeichneten Oberbürgermeister Dr. Herbert König und Bürgermeister Karl Resperger die Urkunde, mit welcher die Partnerschaft zwischen den Städten Göppingen und Klosterneuburg begründet wurde. Der Festakt fand im großen Sitzungssaal des Rathauses statt. Neben Reden der beiden Stadtoberhäupter und der musikalischen Untermalung durch ein Kammermusikensemble sah die Festfolge nach dem Unterzeichnen der Urkunde den Vortrag der Hymne der Bundesrepublik Deutschland und der Österreichischen Bundeshymne vor. Im Anschluss folgte der gesellige Teil mit einem Abendessen im kleinen Saal im ersten Stock der Babenbergerhalle (heute Caretta Saal).

Der feierlichen Besiegelung war der Beschluss des Gemeinderates vom 22.10.1971 vorangegangen. Mit dem Antrag wurde der Status einer Partnerstadt für Göppingen angestrebt und vom Gemeinderat einstimmig beschlossen. Gleichermaßen fiel die Entscheidung in der schwäbischen Stadt an der Fils aus.  

Bereits neun Jahre zuvor, im Herbst 1962, hatte der Oberbürgermeister von Göppingen Dr. Herbert König Kontakte zu Klosterneuburg geknüpft, als er anlässlich des Heimatreffens der aus Schönhengstgau vertriebenen Sudetendeutschen zu Gast war. Seinem Besuch war die Benennung des Sudetendeutschenplatzes 1961, mit der Pflanzung der Heimatlinde und dem Aufstellen eines Gedenksteins vorangegangen. Klosterneuburg galt seither als Zentrum der Sudetendeutschen. Diese waren als deutschsprachige Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Gebieten des heutigen Tschechiens und der Slowakei vertrieben worden. Deutschland und Österreich nahmen die heimatlos Gewordenen auf.

Göppingen wurde 1955 zum Paten für die Heimatvertriebenen aus dem Schönhengstgau. Im Jahr 1964 übernahm Klosterneuburg als erste österreichische Stadt die Patenschaft für die „Sudetendeutsche Landsmannschaft für Wien, Niederösterreich und Burgenland“. Zum vierzigjährigen Jubiläum wurde diese Patenschaft auf ganz Österreich ausgeweitet. Das Interesse der zwei Städte am Schicksal der Sudetendeutschen bildete dementsprechend die Grundlage für die ersten Berührungspunkte.

Im Zuge des Heimattreffens entspann sich zwischen den Vertretern Göppingens und Klosterneuburgs eine Freundschaft, die sogar in der Festansprache von Oberbürgermeister König im November 1971 als „Liebe auf den ersten Blick“ Erwähnung fand. Um die Beständigkeit der neugeknüpften Bande zu prüfen, folgten ab 1962 einige Reisen von Göppingern nach Klosterneuburg und umgekehrt. Klosterneuburger fuhren zum Volksfest, den Maientagen – vergleichbar mit unserem Leopoldifest – nach Schwaben. Künstler der jeweiligen Städte organisierten Ausstellungen in den zukünftigen Partnerstädten und die Göppinger Jugendkappelle wurde zu einem Platzkonzert auf dem Rathausplatz in Klosterneuburg eingeladen. Gründe für einen Besuch der Partnerstadt gab und gibt es auf beiden Seiten bis heute zur Genüge. So erfreut man sich in Göppingen an den Staufer Festspielen mit Operetten, während in Klosterneuburg die Gäste im Sommer zur Oper in den Kaiserhof des Stiftes pilgern. Oder man verkostet bei den Weinlesefesten im Herbst die neuesten Weinkreationen der Städte.

Mit der wachsenden Kontaktaufnahme wurden auch weitere Gemeinsamkeiten entdeckt, so auch eine historische Verbindung, die bis in das zwölfte Jahrhundert reicht. Das Bindeglied hierfür stellt Agnes von Waiblingen, Tochter von Kaiser Heinrich IV., dar. Die spätere Ehefrau von Niederösterreichs Landespatron Leopold III. war zuvor mit dem Staufer Herzog Friedrich I. von Schwaben verheiratet gewesen. Dieser ließ die Stammburg der Staufer auf dem Gipfel des Hohenstaufen errichten, der heute zum Gemeindegebiet der Stadt Göppingen gehört.

Die historische Verbindung zieht ihre Kreise bis in die Gegenwart, denn seit dem 17. April 2009 befindet sich in Klosterneuburg auf dem Hohenstaufenplatz am Ende der Albrechtsbergergasse eine Stauferstele. Diese wurde, wie viele andere in Europa, von den Initiatoren mit dem Wunsch gesetzt, die länderübergreifende Bedeutung der Staufer zu verdeutlichen. Die Städtepartnerschaft mit Göppingen bot den notwendigen Anstoß, um eine Stele in Klosterneuburg aufzustellen. In unserer Partnerstadt wurde eine solche im Jahr 2012 im Beisein von Bürgermeister Mag. Stefan Schmuckenschlager enthüllt.

Neben den wechselseitigen Besuchen von Veranstaltungen jeder Art stellen die Auszeichnungen, die sowohl Klosterneuburger von der Stadt Göppingen als auch Göppinger von der Stadt Klosterneuburg erhalten haben, ein Zeichen gegenseitiger Wertschätzung dar. Stellvertretend für die zahlreichen Anerkennungen, die in den vergangenen Jahren in beide Richtungen verliehen wurden, seien hier ein paar wenige angeführt. So erhielten die Göppinger Oberbürgermeister Dr. Herbert König und Hans Haller den Ehrenring der Stadtgemeinde Klosterneuburg. Bürgermeister Karl Resperger durfte nicht nur den Heinrich-Schickhardt-Becher in Empfang nehmen, sondern freute sich wie Bürgermeister Georg Tauchner und Bürgermeister Dr. Gottfried Schuh über die Ehrenplakette der Stadt Göppingen. Die Vielzahl der weiteren Auszeichnungen spricht dafür, dass das Zitat von Oberbürgermeister Dr. Herbert König bei der Urkundenunterzeichnung „Partnerschaft bedeutet Freundschaft mit der verpflichtenden Aufgabe, diese zu pflegen.“ bereits von beiden Städten gelebt wird.

„Im Rahmen einer Partnerschaft wollen die Stadt Göppingen und die Stadtgemeinde Klosterneuburg Möglichkeiten ergreifen, um sich in allen Lebensbereichen näher kennenzulernen und ihre Erfahrungen auszutauschen.“ Dieser aus der Partnerschaftsurkunde von 1971 zitierte Satz sollte für die beiden Städte in den folgenden Jahren nicht nur ein ambitioniert klingender Vorsatz sein. Mit Engagement und Freude fand der angestrebte Austausch auch in den Vereinen und persönlichen Bekanntschaften seinen Niederschlag. Fünfzig Jahre nach der Unterzeichnung der Urkunde lohnt sich die Suche nach den Banden, die bis heute in beiden Städten spürbar sind.

Als Vorreiter der partnerschaftlichen Beziehungen gelten ohne Zweifel die Künstler der jeweiligen Städte. Durch die Organisation von Ausstellungen in den zukünftigen Partnerstädten wurden nicht nur Verbindungen zwischen den Klosterneuburger und Göppinger Kunstschaffenden geknüpft, sondern eine erste Kontaktaufnahme über die Kultur hinaus erzielt. Bis heute bilden Besuche und Schauen der Künstler ein wichtiges Bindeglied zwischen den Schwesterstädten. Daneben ergab sich auch schon früh eine rege Annäherung zwischen den Chorvereinigungen. Vereinsfreundschaften der Sänger wurden mit gemeinsamen Auftritten und Besuchen vertieft und haben sich bis heute erhalten. Zu den ältesten Vereinspartnerschaften zählt auch die der Briefmarkensammler, die seit 1979 besteht. Zahlreiche Treffen in Göppingen und Klosterneuburg wurden seither im Zeichen der Philatelie durchgeführt. Auch auf sportlicher Ebene entwickelten sich mit der Zeit freundschaftliche Beziehungen; Basketballer, Schützenvereine und Bridge-Begeisterte seien hier stellvertretend erwähnt. In jüngster Zeit pflegen auch die beiden Wasserballteams verstärkt Kontakt zueinander, zum Beispiel beim alljährlichen Neujahrsturnier in Göppingen sowie bei Freundschaftsspielen und Trainingslagern.

Die Väter des Partnerschaftsabkommens hatten ihr Augenmerk auch stets auf die Jugend gelegt, die mit der gelebten Idee einer europäischen Gemeinschaft aufwachsen sollte. Mit dem Ziel einer vermehrten Interaktion zwischen den Jugendlichen entstanden nicht nur Schulpartnerschaften, sondern wurden Präsentationen organisiert, Festumzüge mitgestaltet und Schüleraustausche umgesetzt.    

Die gewonnene Partnerschaft schlug sich nicht nur im Vereins-, und Kulturleben nieder, sondern auch im Stadtbild sollten die freundschaftlichen Beziehungen der Orte erkennbar sein. So fand in Klosterneuburg anlässlich des 15-jährigen Jubiläums der Urkundenunterzeichnung die Benennung des Göppinger Platzes und die Enthüllung des Gedenksteines an dieser Stelle statt. Im Zuge der Feierlichkeiten wurde dort auch von Oberbürgermeister Hans Haller, der in Göppingen die Begrünung der Stadt vorangetrieben hatte, die sogenannte Göppinger Linde gepflanzt.

In Göppingen gibt es hingegen seit 2001 den Klosterneuburg-Platz und in der Stadthalle den Klosterneuburg-Saal, dessen Pendant in der Klosterneuburger Babenbergerhalle das Göppinger Stüberl bildet. Ein weiteres Denkmal der Beziehung zwischen den Städten ist der Partnerschaftsbrunnen in Göppingen. Auf diesem sind unter anderem auch Sagen und Ereignisse aus Klosterneuburg dargestellt.

Einer der wichtigsten Punkte, der in den Reden bei der Partnerschaftsschließung erwähnt wurde, ist der Austausch auf kommunaler Ebene. Obwohl Göppingen mit einer Einwohnerzahl von circa 58.000 fast doppelt so groß ist wie Klosterneuburg, sollten durch den Erfahrungsaustausch nicht nur Fehler des jeweils anderen vermieden, sondern auch Gelungenes übernommen werden. In den 70er Jahren war für unsere Partnerstadt vor allem die Eingemeindung von Randgebieten ein Thema. Da dies in Klosterneuburg bereits Jahrzehnte zuvor erfolgreich durchgeführt worden war, konnte man von diesen Erkenntnissen profitieren. Göppingen wiederum übernahm eine Vorbildfunktion in Bezug auf kommunale Infrastruktur, wie Bäder, Sportanlagen und Abwasserbeseitigung. Die schwäbische Stadt konnte bereits mit einer Vielzahl solcher Einrichtungen aufwarten. Aktuell ist es wohl die Corona-Krise sowie alle damit einhergehenden Probleme und Hürden, die die Agenden der beiden Städte überschatten. So ist es auch die erwähnte Pandemie, die ein ausschweifendes Feiern des 50-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft hemmt. Dennoch ist zu hoffen, dass Wege gefunden werden, um der Urkundenunterzeichnung 1971 würdig zu gedenken.  

Fotogalerie 50 Jahre Städtepartnerschaft Göppingen

Jubiläumsausstellung im Stadtmuseum

28.06.2021

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