Straßennamen einst und jetzt

Stadtplan 1874 - Ausschnitt Untere Stadt

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs Klosterneuburg – ebenso wie viele andere Ortschaften – stark an. Die bis dahin allgemein üblichen Konskriptionsnummern, die alle Gebäude chronologisch anhand der Datierung der Baugenehmigung durchzählten, boten keine ausreichende Orientierungshilfe mehr. So wurde das System der – nomen est omen – Orientierungsnummern (Hausnummern) eingeführt, bei dem die Nummerierung auf vorab festgelegte Straßenzüge abgestimmt wurde. Dies machte aber auch die konsequente Benennung sämtlicher Straßen, Gassen und Plätze erforderlich. Zu diesem Zweck wurde das „Comitee zur Benennung der Straßen“ eingesetzt, als dessen Obmann ab 1877 Dr. Albert Böhm fungierte. Unter seiner Leitung setzte eine große Welle an Neu- und Umbenennungen ein, bei denen besonderes Augenmerk auf die Stadtgeschichte und herausragende Persönlichkeiten gelegt wurde, sodass sich – wie Dr. Böhm in einem Vortrag stolz festhielt – „in dem ganzen Verzeichnisse von Namen nicht einer [findet], der unbedacht gewählt wurde, oder nur für den Augenblick passt.“ Alle von dem Comité vorgeschlagenen Namen wurden übrigens ohne Debatte vom Gemeinde-Ausschuss angenommen. Den vorgestellten Grundsätzen bei der Straßenbenennung blieb man auch später treu.

Im Folgenden werden die ersten Neubezeichnungen aus dem Jahr 1877 näher vorgestellt. Beginnen wir in der Unteren Stadt:

Enggasse → Martinstraße: Die bereits seit dem 13. Jahrhundert so bezeichnete Gasse (ampla strata) reichte ursprünglich nur bis zur heutigen Nivenburggasse. Der restliche Straßenzug hieß einfach nur Martinsviertel und weiter oben Jakobsviertel (nach dem dort befindlichen Kloster). Durch die Vereinheitlichung wurde sowohl der Siedlung als auch der Pfarrkirche St. Martin Rechnung getragen.

Friedhofgasse → Frankengasse: Im Bereich der Verbindungsstraße zwischen Martinstraße und Albrechtstraße lag ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Soldatenfriedhof. Nach 1870 wurde die Begräbnisstätte aufgelassen und das Gelände parzelliert. Parallel dazu findet sich auch der Name Zöchhausgasse, der sich vermutlich von der „Bürgerzeche St. Martin“ ableiten lässt, die in der Albrechtstraße ein Haus besaß. Der Begriff Frankengasse sollte an Frankenkönig Karl den Großen erinnern, der, einer Volkssage zufolge, die Pfarrkirche während seines Awarenfeldzuges gegründet haben soll.

Löwengasse → Fischergasse: Die von der Martinstraße zur Wasserzeile führende Gasse trug ihren Namen ursprünglich in Erinnerung an eines der vielen Gasthäuser, die an den Gestaden der damals noch unregulierten Donau lagen. Die Neubenennung wies auf die älteste Fischersiedlung Klosterneuburgs hin, die sich in diesem Bereich befunden haben soll.

Schrannengasse: Dieser Name wurde 1877 für die bis dahin unbenannte Verbindungsgasse zwischen Bachgasse und Niedermarkt gewählt, da man annahm, dass sich hier einst die Schranne (Gerichts- oder Strafbank, aber auch Brot- und Getreidebank / Lagerstätte) befunden haben soll.

Seilergraben / Seitengraben → Langstögergasse: Die Verbindungsstraße zwischen Martinstaße und Albrechtstraße musste ihren Namen zu Ehren des Stadtrichters, Müllermeisters und Wohltäters Valentin Langstöger abgeben, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts namhafte Stiftungen zu öffentlichen Zwecken einrichtete.

Unterer Stadtplatz → Stadtplatz: Durch die Stadterhebung von 1298 erhielt „Neuburg klosterhalben“ / Klosterneuburg das Recht eigene Märkte abzuhalten (statt wie bisher nur in „Neuburg markthalben“ / Korneuburg). Dadurch wurde die Untere Stadt stark aufgewertet und der Untere Stadtplatz gewann als Handelszentrum neben dem Oberen Stadtplatz (Rathausplatz) an Bedeutung. Von 1938 bis 1945 hieß der Stadtplatz „Adolf-Hitler-Platz“.

Weitgasse / Veitgasse → Albrechtstraße: Die seit dem Mittelalter so genannte Verbindungsstraße vom Stadtplatz in das Donautal bekam den Namen Albrechtstraße zu Ehren von Albrecht I., Herzog von Österreich, der Klosterneuburg am 5.2.1298 ein eigenes Stadtrecht verlieh. Gleichzeitig wurde sie mit der Bräuhausgasse (von der Hundskehle bis zum Stadtplatz) zusammengefasst. Dieser untere Teil wurde dann 1929 nach Bürgermeister Leopold Hofkirchner erneut umbenannt, weshalb die heutige Albrechtstraße mit den Hausnummern 16 und 25 beginnt.


14.03.2022

Seiteninhalt teilen:

Weiterleiten mit FacebookWeiterleiten mit LinkedInWeiterleiten mit Twitter