200. Geburtstag von Anton Bruckner

Cover vom Sonderband: Anton Bruckner und Klosterneuburg

Im Herbst des Jahres 1869 übersiedelte Anton Bruckner, bis dahin Domorganist in Linz, nach Wien, um die durch Johann Ritter von Herbeck vermittelte Stellung eines Lehrers für Harmonielehre, Kontrapunkt und Orgel am Konservatorium anzutreten. Was Bruckner seit dem Beginn seines Wien-Aufenthaltes am meisten entbehrte, war sein geliebtes Stift St. Florian, in dem er einst seinen Ruf als Meister des Orgelspiels begründet hatte. So schien es verständlich, dass sich der an den Umgang mit Geistlichen gewöhnte Musiker nach einem Ersatz umsah. Seine Wahl fiel auf das Stift Klosterneuburg, dessen berühmte Orgel ihn nicht minder anzog als die Tatsache, im Stift denselben geistlichen Orden zu finden wie in seiner oberösterreichischen Heimat. Johann von Herbeck und Joseph Hellmesberger sen. waren es, die den Orgelvirtuosen im Stift Klosterneuburg bei Propst Adam II. Schreck einführten. In der Folge wurde Bruckner der gern gesehene Gast und berühmte Musiker, der bei Hochämtern die Festorgel spielte. Nähere Freundschaft zu einem der Chorherren pflegte der eher schüchterne Bruckner nicht, obwohl eine kleine, treue Hörerschaft von Geistlichen stets aufmerksam lauschte, wenn er an der Orgel improvisierte.

Dies änderte sich mit dem Besuch Seiner Majestät Kaiser Franz Josef I., der zu Leopoldi 1885 dem Hochamt anlässlich der 400. Wiederkehr der Heiligsprechung des Markgrafen beiwohnte. Das Neue Wiener Tagblatt berichtete: „Der Kaiser nahm mit dem Kronprinzen Rudolf und den Erzherzogen Karl Ludwig, Karl Salvator, Leopold Salvator, Franz Salvator, Rainer und Sigismund an der Feier theil. Die Bevölkerung der Stadt war schon seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen, die hohen Gäste zu begrüßen. Es herrschte freudige Aufregung in der anmuthig gelegenen Stadt, welche reich dekoriert, sich noch freundlicher präsentierte als sonst. Die ganze Stadt hatte Flaggen- und Blumenschmuck angelegt, Triumphpforten grüßten die hohen Gäste… Am Hauptportale der Stiftskirche empfingen der Prälat Ubald Kostersitz und der Erzbischof Kardinal Ganglbauer den Kaiser und die Herren Erzherzoge. Die Orgel der Kirche, vom Hoforganisten Bruckner gespielt, ließ die Töne der Volkshymne erklingen.“ Josef Kluger, der Propst des Stiftes von 1913 bis 1937, schildert in seinem Aufsatz „Schlichte Erinnerungen an Anton Bruckner“ (1910) die Szene wie folgt: „Zwei Novizen, darunter ich, waren bestimmt, neben dem einherschreitenden Kaiser brennende Fackeln zu tragen. Als der Kaiser nun die Kirche betrat, da erbrausten vom rückwärtigen Chor herab die gewaltigen Klänge der „großen Orgel“, die sich immer mehr und mehr zu den ehrwürdigen Rhythmen des Kaiserliedes verdichteten. Ob jemand dem Kaiser jenen Künstler genannt, der in diesem Augenblicke die Orgel meisterte, weiß ich nicht. Ich hörte nur die freudig bewegten Worte des Kaisers: „Ah! der Bruckner!“ Ich ließ mir später sagen, daß dieser Bruckner, dessen der Kaiser so ehrend erwähnte, ein Orgelvirtuose aus Wien sei.“

Der junge Josef Kluger reifte in den folgenden Jahren zu einem wahren Verehrer und „Brucknerianer“ heran. Von 1890 bis zu Bruckners Tod 1896 verband die beiden eine enge Freundschaft.

Sonderband 1 ‒ „Anton Bruckner und Klosterneuburg“ ist im Stadtarchiv/-museum um € 5,- erhältlich.

02.09.2024

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