150 Jahre jüdischer Friedhof Klosterneuburg

Eingang Jüdischer Friedhof Klosterneuburg

Der malerisch am Hang des Ölbergs gelegene jüdische Friedhof ist nicht nur als Zeugnis des früheren jüdischen Lebens in Klosterneuburg historisch interessant, sondern auch, weil er seine Existenz eigentlich einem anderen geschichtlich relevanten Ereignis „verdankt“. 1873 wurde die Babenbergerstadt (wie viele andere an der Donau gelegene Orte) von einer Choleraepidemie heimgesucht, welche neben zahlreichen anderen auch zwei Todesopfer mosaischen Glaubens forderte. Aus Gründen der Seuchenbekämpfung war eine Beerdigung der Verstorbenen, wie bis dahin üblich, auf dem jüdischen Friedhof in Währing nicht möglich. Es erfolgte eine Notbeisetzung auf einem christlichen Friedhof in Klosterneuburg.
Der 1852 gegründete Bethausverein bemühte sich daraufhin um die Errichtung einer eigenen Begräbnisstätte vor Ort. Nach Ankauf eines geeigneten Grundstückes in der Holzgasse und Errichtung einer Einfriedungsmauer konnten die beiden Verstorbenen Simon Rosner und Josef Erber bereits im Frühjahr 1874, also vor 150 Jahren, dorthin überführt werden.

Das weitere Wachstum des „Hauses der Ewigkeit“, wie Friedhöfe im Judentum genannt werden, spiegelt die erfolgreiche Entwicklung der jüdischen Gemeinde wieder. 1892 wurde, zeitgleich mit dem politischen Bezirk Tulln, die Israelitische Kultusgemeinde Tulln mit Sitz in Klosterneuburg geschaffen. Diese ungewöhnliche Präzisierung der Namensgebung beruht auf der Tatsache, dass mehr als die Hälfte der jüdischen Einwohner des gesamten Bezirkes sowie der überwiegende Teil des Vorstandes in Klosterneuburg wohnhaft waren. Die rabbinischen Aufgaben der IKG versah über Jahrzehnte hindurch der Rabbiner von St. Pölten, ein Kantor war aber stets vor Ort.

Das solcherart sicherlich gestärkte Selbstbewusstsein wie auch das weitere allgemeine Anwachsen der Stadt durch eine große Zuzugswelle um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert führten zu einer Periode großen Tatendrangs in der jüdischen Gemeinde. 1902 löste die Beerdigungsbruderschaft Chewra Kadischa Klosterneuburg den Bethausverein ab und übernahm den Friedhof in ihr Eigentum. Die Aufgabe der Bruderschaft bestand unter anderem darin, die Beisetzungen für die Gemeindemitglieder durchzuführen und auch bei finanziellen Engpässen der Hinterbliebenen unterstützend einzugreifen. Bereits 1906 musste der Friedhof erweitert werden.

Ein Höhepunkt der Schaffenskraft der jüdischen Gemeinde stellt sicherlich die 1914 nach nur einjähriger Bauzeit eingeweihte Synagoge (Ecke Medekstraße / Kierlinger Straße) dar. Bereits vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 wurde sie wiederholtes Ziel von Vandalenakten. Nicht einmal ein Vierteljahrhundert nach Ihrer feierlichen Einweihung wurde sie während des Novemberpogroms geplündert, geschändet, in Brand gesteckt und damit größtenteils zerstört. Dem Friedhof blieb dieses Schicksal – vermutlich unterstützt durch seine versteckte Lage – erspart. Allerdings wurde es sehr still um ihn und der Zahn der Zeit nagte unerbittlich – trotz vereinzelter Rettungsversuche und der gärtnerischen Pflege durch die Stadtgemeinde ab den 1980er Jahren.

Die letzte Beisetzung fand im Jahr 2007 statt – dies ist auch das Gründungsjahr des Komitees zur Erhaltung des jüdischen Friedhofes, das sich seither kontinuierlich durch sanfte Sanierungsmaßnahmen sowie Forschungs- und Vermittlungsarbeit um den Erhalt des “Hauses der Ewigkeit“ bemüht. Die größte Etappe bei der Sicherung des Friedhofes und seiner Grabsteine wurde 2021 vom Nationalfonds gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde Wien und dem Bundesdenkmalamt abgeschlossen.

Der Friedhof ist nicht öffentlich zugänglich!
Bei Interesse bitte an das Komitee zur Erhaltung des jüdischen Friedhofes Klosterneuburg wenden unter E-Mail: office@juedischerfriedhof.at.


24.10.2024

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